Die Lage in Nusa Dua ist relativ isoliert; von Bali bekommt man hier nicht viel mit. Vor nicht allzu langer Zeit waren hier nur Reisfelder, inzwischen reiht sich ein Luxusresort ans andere, wobei das Ganze architektonisch gut gelungen ist. Die Gebäude sind relativ niedrig, der Baustil passt in die Landschaft. Wer mehr Action will, sollte sich ein Hotel in Kuta suchen. Wen es nach einem Hauch von Flowerpower und Backpackerromantik verlangt, der sucht sich besser ein Hotel an der Ostküste in der Nähe von Ubud, in Sanur zum Beispiel. Für uns war Nusa Dua perfekt, denn wir wollten vor allem entspannen; Bali kannten wir schon von einer früheren Rundreise und haben dieses Mal nur drei geführte Tagesausflüge per Auto oder Fahrrad gemacht.
Das Hotel ist recht groß, es ist Platz für mehrere Hundert Gäste. Das merkte man aber eigentlich nur beim Frühstück, wo es gegen Halb Zehn auch mal ein wenig laut werden konnte; sonst haben wir uns immer gefragt, wo die eigentlich alle hin sind. Liegen am Pool und am Strand gab es jedenfalls reichlich, Schatten auch. Vom Standard her entspricht das Hotel dem, was ich beruflich von echten Fünf-Sterne-Hotels in großen Städten kenne. Kunststück, ist ja auch Teil der Westin-Marke von Marriott, die sind nicht erst seit gestern im Geschäft. OK, es ist kein Neubau, hier und da war mal eine Fliese abgeschlagen oder ein Spiegel angelaufen, aber für uns hat es gepasst.
Man kann sich das Hotel wie ein "U" vorstellen, in dessen Mitte der Pool liegt. Das klingt nicht sehr phantasievoll und sieht bei Google Maps auch eher langweilig aus, wirkt in der Realität aber erstaunlich nett und vielfältig (siehe FOTO). Das liegt wohl an den vielen hohen Palmen und anderen Pflanzen auf dem Gelände, den geschwungenen Wegen, sowie an den sehr schön mit Reisstroh gedeckten offenen Hütten, die neben den üblichen weißen Schirmen als Sonnenschutz dienen oder kleine Bars beherbergen. Uns hat die Anlage wirklich sehr gut gefallen, auch im Vergleich zu den Nachbaranlagen, die man übrigens problemlos besichtigen konnte.
Hier ist der einzige Punkt, über den wir uns wirklich geärgert haben, und wegen dem wir fast eine negative Rezension verfasst hätten. Um es vorwegzunehmen: das großartige, hoch motivierte und einsatzbereite Personal, allen voran Bagus, hat das Ruder doch noch herumreißen können. Ein Nachgeschmack ist aber geblieben. Hier muss das Management DRINGEND etwas tun, sonst bleiben die Gäste weg. Und die Qualität des Essens ist wirklich exquisit; das sage ich als jemand, der das Privileg hat, gelegentlich in der gehobenen Gastronomie speisen zu können.
Engagiertes Personal, qualitativ hochwertige Speisen - was war denn dann das Problem? Das kann jetzt etwas langwierig werden, aber es ist auch wirklich nicht so ganz einfach. Also: Wir hatten Halbpension gebucht, aus gutem Grund. Ich will im Urlaub nicht ständig über Geld nachdenken oder mich jeden Abend erneut auf die Suche nach einem Restaurant machen, zumal nicht klar war, ob es dort überhaupt etwas in der Nähe gibt und ob es wegen der Pandemie offen ist. Da es sich dem Namen nach um ein Resort handelt, und wir den Aufenthalt bei Holidaycheck (diese bei FTI, diese wiederum bei Asian Trails) pauschal mit Flug und Transfer gebucht hatten, sind wir beim Begriff "Halbpension" von einem Frühstücksbuffet und einem Abendbuffet als Standard ausgegangen, mit der in besseren Anlagen wie dieser üblichen abendlichen Option, in speziellen Restaurants auch mal a la carte essen zu können. Das stellte sich als Fehlannahme heraus.
Eigentlich ging es perfekt los, denn das mit dem Frühstück funktionierte wie erwartet, oder sogar noch besser. Es gab ein Buffet, und zwar von erlesener Vielfalt und Qualität. Da gab es die nicht ganz so gesunde „westliche“ Ecke mit Pfannkuchen, Speck, Nutella, Omelettbraterei und so weiter; die japanische Ecke mit Miso-Suppe und Maki Sushi; indische Speisen, glutenfreies Essen, die indonesische Station mit Nasi Goreng und Co, diversen Fischarten, Suppen, Fleisch, Gemüse; eine tolle Saftbar mit Smoothies und frisch gepressten Säften aller Art, einen Salat-Stand, Käse, Joghurts, Müsli und Körner, und so weiter. Der Kaffee (verschiedene Espressovariationen) war ebenfalls hervorragend.
Die böse Überraschung kam am Abend. Ein Buffet gab es nicht. Stattdessen bedeutete Halbpension, oder "halfboard", in unserem Falle, dass wir ein a-la-carte-Restaurant aufsuchen durften, um dort ein 3-Gänge-Essen zu bestellen. Ich schreibe "in unseren Falle", weil es noch viele andere Optionen gab, je nachdem, bei wem die Gäste gebucht hatten. Die Australier zum Beispiel hatten ein Guthaben in Höhe von 500 Dollar pro Woche, das sie flexibel ausgeben konnten. Wir haben beim Check-in für jeden Abend ein Voucher erhalten, das beim Abendessen vorzulegen war. Wir gingen in eines der zwei dafür vorgesehenen Restaurants und bekamen nach Vorlage des Vouchers nicht etwa die sehr abwechslungsreiche, mehrere Seiten umfassende normale Speisekarte, sondern ein stark reduziertes "Halfboard Menu" (siehe FOTO). Offenbar hatte der Veranstalter dem Hotel Summe X als Pauschale angegeben, die er zu zahlen bereit war (oder diese vorab überwiesen), und das Hotel wollte wohl ausschließen, dass wir fünf Wagyu-Steaks pro Abend aßen und damit die Bank sprengten. Das kann ich betriebswirtschaftlich durchaus nachvollziehen, in der Praxis war das aber, mit Verlaub, richtig doof. Erstens kommt man sich wie ein Gast zweiter Klasse vor, wenn man nur ein abgespecktes Menü mit den weniger teuren Speisen angeboten bekommt. Zweitens bedeutet das, dass man bei einem Aufenthalt von knapp zwei Wochen eigentlich immer mehr oder weniger das Gleiche isst. Es gab auf dem sehr übersichtlichen Halfboard Menu je eine Handvoll Vorspeisen, Hauptspeisen und Desserts. Nicht alles mag man gleichermaßen, was die Optionen stark reduziert - während an den Nachbartischen die Vielfalt herrscht. Das geht gar nicht!!!
Dieses seltsame und uns neue Konzept mussten wir erst einmal verstehen und dann verdauen. Wirklich lauthals beschwert haben wir uns nicht, haben aber doch deutlich gemacht, dass wir diese Regelung für nicht sehr gelungen halten. Offenbar war das Personal auch nicht so glücklich damit, sie mussten die schlechte Nachricht aber übermitteln. Jedenfalls bekamen wir zwei Abende später plötzlich das reguläre Menü zur Auswahl. Darüber haben wir uns sehr gefreut und waren eigentlich versöhnt. Doch dann, am nächsten Abend, kam dann wieder das Halfboard Menu. Dieses Mal standen auch Getränke drauf, ohne Preis, sie waren also inklusive. Wir wussten zwar, dass Getränke in unserer Pauschale nicht enthalten waren, vermuteten aber so eine Art Kompromiss zwischen abgespecktem Menü und regulärem Menü. Es stellte sich nach einigen Diskussionen und Rückfragen heraus, dass die Getränke nur für Gäste gedacht waren, die Vollpension gebucht hatten (obwohl „Halfboard and Full Board“ auf der Karte stand). Das war übrigens das gleiche Prinzip: eine abgespeckte Variante der normalen Barkarte. Wir durchlebten jedenfalls einen weiteren peinlichen Moment und waren jetzt wirklich genervt. Das ging dann im Prinzip so weiter: mal volles Menü, mal die reduzierte Variante. Am Ende des Aufenthaltes konnten wir darüber lachen, haben sogar gewettet, was es wohl dieses Mal sein würde; doch das hat gedauert.
Am dritten oder vierten Abend entdeckten wir zufällig am Strand vor dem Hotel ein Buffet. Prima, dachten wir, gibt es also doch ein Buffet, das nehmen wir. Es stellte sich dann heraus, dass das nicht jeden Abend stattfindet. Na schön, aber immerhin mal eine Abwechslung. Aber: sorry Sir, ich muss erst nachfragen... (3 Minuten später) sorry, aber mit Halfboard Voucher können Sie hier leider nicht mitessen. Da standen wir also, wieder mal als Bittsteller und Gäste zweiter Klasse. Inzwischen waren wir schon ein wenig angefressen. Ich muss recht böse geschaut haben, denn dann kam der Assistant Manager und bot uns an, auf seine eigene Kappe eine Reservierung für uns bei den nächsten zwei geplanten Buffets ein paar Tage später vorzunehmen. Das hat dann auch geklappt, aber ehrlich gesagt fühlten wir uns ein wenig wie Almosenempfänger - obwohl wir ja Abendessen gebucht und bezahlt hatten. Nur eben nicht das "schöne" Essen, sondern eine Light-Version.
Fazit:
Das Konzept von Halbpension, wie es uns verkauft wurde, ist eine Katastrophe. Einzig der Einsatz des Personals vor Ort hat die Sache wieder halbwegs gerettet, und wir sind Bagus und seinen Kollegen wirklich dankbar. Ein wenig haben sie uns auch leidgetan, weil sie den ganzen Tag wirklich hart arbeiten, um den Gästen einen perfekten Aufenthalt zu ermöglichen - und dann ruiniert so ein Schreibtischtyp im Management das Ganze durch eine realitätsferne Entscheidung. Fakt ist aber auch: einen ersten Eindruck macht man nur einmal; verdorben ist verdorben. Schade ist das, und unnötig.
Es könnte sein, dass wir einfach mit dem Zeitpunkt der Reise (August 2022) Pech hatten. Freunde von uns waren vor der Pandemie in diesem Hotel, auch mit Halbpension, und sie konnten damals von der ganz normalen Karte auswählen. Entweder hatten sie Glück, oder die Pandemie hat hier ein wenig Chaos hineingebracht. Es könnte also sein, dass sich das Problem inzwischen in Luft aufgelöst hat. Wenn ja: gut so. In jedem Falle empfehlen wir vor der Buchung dringend, sich beim jeweiligen Veranstalter nach den Einzelheiten zu erkundigen - oder "Halbpension" gleich völlig wegzulassen. Die Preise in den Restaurants sind sehr fair, vor allem wenn man bedenkt, dass im Westin Nusa Dua auf sehr hohem Niveau gekocht wird, von international erfahrenen Köchen mit importierten Zutaten. Mir hätte indonesisches Essen übrigens völlig genügt, denn auch bei Nasi Goreng und Soto Ayam hat man die Qualität im Westin sehr deutlich gespürt, aber manche Gäste wollen eben auch italienisch essen. Na schön, warum nicht. Ein Drei-Gänge Menü, wie man es dort für ca. 35 EUR bekommt, kostet in der gleichen Qualität in Europa locker 100 EUR und mehr. Und überhaupt kann man auch mal einen der drei Gänge weglassen, wenn man etwa nach einem Ausflug mit inkludiertem Essen sowieso noch satt ist.
Meine Empfehlung: nur Übernachtung mit Frühstück buchen, darauf ist das Hotel viel besser eingestellt. Halbpension können die nicht so richtig. Wir haben uns jedenfalls entschieden, nächstes Jahr wieder ins Westin Nusa Dua zu fahren, was eigentlich alles Nötige aussagt: ja, es hat uns unterm Strich sehr gut gefallen, trotz des unnötigen Ärgers. Aber "Halbpension" lassen wir definitiv weg.